Schriftstück/Sprechstück von Günther Uecker und S. D. Sauerbier
»Schlagwörter« und Montagen aus dem »Lied der Lieder«/Hohelied Salomos
mit Thomas Thieme, Gästen und Mitgliedern des Deutschen National Theaters Weimar, ausgeführt am 29.05.2003 auf dem Vorplatz des Theaters

Akustische Dokumentation geplant als Mehrkanal-Audio-Installation
im Foyer des DNT Weimar

Günther Uecker beschriftet den Platz vor dem National- theater mit Wörtern aus einer Liste von Tätigkeitswörtern, die Gewalttaten anzeigen. Die Ausführenden laufen auf dem Theaterplatz gemessenen Schrittes bestimmte Strecken ab. Die Ausführenden sprechen zu bestimmten Zeitpunkten Wörter aus drei Listen von Tätigkeitswörtern, die Gewalttätigkeiten gegen Menschen anzeigen. Der Schauspieler Thomas Thieme liest ausgewählte und für dieses Stück gruppierte Auszüge aus dem Hohenlied Salomos.

Die Sprechtexte für die Ausführenden sind Tätlichkeitswörter, Schlagwörter. Als Varianten werden zusätzlich Bezeichnungen für mißliebige, verabscheute, verhaßte Personen gesprochen (Illegaler/Schädling/Abschaum – krankhaft/abartig/unerwünscht) sowie für Maßnahmen gegen solche mißliebigen Menschen (Beseitigung/Säuberung/Sonderbehandlung – unerbittlich/eisern/rücksichtslos).

Tätlichkeiten begehen
Die Aufführenden bestimmen die Dauer, die relativen Zeitmaße und Tempi des Gehens wie des Sprechens und demgemäß die Dauer der Lesung aus dem Hohenlied Salomos.
Auf dem Theaterplatz ist für jeden Ausführenden eine gerade Strecke festgelegt: Die Laufstrecken von Ausführenden kreuzen sich. Als Variante: Jeweils zwei dieser Laufstrecken von Ausführenden verlaufen parallel zueinander. Die Ausführenden gehen ihre Strecken langsam und gleichmäßig ab.
Erreicht ein Ausführender das Ende seiner Laufstrecke, spricht er eine Wendung aus seinem Repertoire, dreht sich in die entgegengesetzte Richtung um und spricht ein anderes Wort aus der Liste. Diese sogenannten Gegenwörter sind nicht bloß Antonyme wie gut/böse, ja/nein, warm/kalt …, sondern auch sarkastische oder zynische wie »aufhelfen« zu »niedermachen«. Sodann setzt er seinen Weg fort.

Trifft ein Ausführender auf einen Passanten (oder auch einen anderen Ausführenden – zweite Variante), so bleibt er stehen, spricht eine Wendung aus seiner Wörterliste, dreht sich in die entgegensetze Richtung um und spricht ein Gegenwort aus seinem Repertoire. Dann setzt er seinen Gang gemessenen Schrittes fort.

Die Ausführenden sollten Handlungen von Passanten unbeachtet lassen und auf mögliche Entgegnungen nicht eingehen.

Erhöht, von der Treppe zum Nationaltheater aus, wird vom Schauspieler Thieme aus dem Hohenlied Salomos gelesen. Dieses Liebesgedicht ist Widerpart zum Haß, der in den Tätlichkeits- und Schlagwörtern zum Ausdruck kommt. Die gewählten Auszüge aus dem Hohenlied sind so zugeordnet, daß die Aussagen auf die geschriebenen und gesprochenen Wörter auf dem Aufführungsplatz bezogen werden können.

Die Aufführung ist beendet, wenn die Beschriftung des Aufführungsplatzes und die Lesung aus dem Hohenlied Salomos abgeschlossen sind.

Aussprechen-Niederschreiben Edition
Für das die Akustische Dokumentation als Hörstückfassung haben wir eine Künstler-Edition produziert.

Akustische Dokumentation, Hörstückfassung, 2002
S.D. Sauerbier/und Günther Uecker
Sprecher: Thomas Thieme
mit Schauspielern des DNT-Weimar-Ensembles und Gästen
2002

Der Einladung durch das Nationaltheater folgend wurde als Dokumentation des Schriftstücks/Sprechstücks »Aussprechen – Niederschreiben. Sich Stellen« von Günther Uecker und S. D. Sauerbier das Sprechstück »Aussprechen« von Sauerbier erarbeitet.

Die akustischen Ereignisse/Sprechhandlungen bei den Bewegungen, beim Gehen der Ausführenden auf dem Theaterplatz, begleitet von der Lesung von Thomas Thieme aus einer Montage des Hohenliedes Salomos sollten ins Theaterfoyer transportiert werden.

Dementsprechend war eine Auswahl aus 13 Spuren/11 Stimmen sowie eine Auswahl aus der Lesung Thiemes zu treffen und danach eine neue Montage aus dem »Lied der Lieder« zu entwickeln.

Dem sollte in der Realisation das Konzept für eine Wiedergabe über sechs Lautsprecher im Theaterfoyer Rechnung tragen.
Bei der Wiedergabe sollte die Lautstärke so geregelt und auf den Ge-räuschpegel im Foyer eingestellt werden, daß die einzelnen Stimmen in normaler Lautstärke wiedergegeben werden und nicht die Äußerungen des anwesenden Publikums übertönen.

Die Texte mögen zunächst fragmentarisch wirken – ihr Zusammenhang und ihr Sinn sind vom Hörer/Besucher selbst herzustellen. Irritation ist beabsichtigt.
Thomas Thiemes Lesung der Montage aus dem Hohenlied Salomos ist vornehmlich durch Kontrast der Textinhalte und Ergänzung ihrer Gegenstände bestimmt.

Für die Wiedergabe im Foyer des Nationaltheaters war nicht ›künstlich-künstlerisches Nachbauen‹ vorgesehen, Synchronisation also ausgeschlossen. Ambience-Aufnahmen vom Theatervorplatz wurden in einzelne Spuren/Stimmen übernommen.

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